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Alfred Kubin: Die Arbeit
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Alfred Kubin: Die Arbeit
Alfred Kubin
Die Arbeit
1901/03
Tuschfeder, laviert, gespritzt auf Katasterpapier; gerahmt
32,5 x 40,8 cm (Blattmaß)
Signiert links unten in der Darstellung: A. Kubin
Eigenhändig bezeichnet rechts unten: 19. Die Arbeit A. Kubin
Eigenhändig bezeichnet rechts oben in Tusche: 6.
aus der Familie von Franz Barwig d. Ä.;
österreichischer Privatbesitz
Vergleiche: Der Amethyst, Blätter für seltsame Literatur und Kunst, herausgegeben von Franz Blei, Jg. I, Heft 3, Wien, Februar 1906 (Abb. andere Fassung von "Die Arbeit");
Vergleiche: Das Leben. Illustrierte Wochenschrift. Hrsg. Arthur Kirchhoff, Berlin, 1906, No. 44, Abb. S. 936 (andere Fassung von "Die Arbeit");
Vergleiche: Paul Raabe, Alfred Kubin, Leben - Werk - Wirkung, Hamburg 1957, Nr. 17 und 20
Kubins großformatige Tuschfederzeichnung "Die Arbeit" gehört in die Gruppe seines berühmten ‚Frühwerks‘ von 1899 bis 1904, das zu Recht als die wichtigste Periode seines Oeuvres angesehen wird. In diesen Blättern werden phantastische, alptraumhafte Szenerien manifest, die wie Einblicke in die moderne Seele mit ihren Angstkomplexen und Trieben wirken und bei den Zeitgenossen mit ihren nie zuvor gesehenen Bildmotiven Aufsehen und Empörung auslösten. Neben den zahlreichen Werken mit erotischen, oft drastischen Zwangsvorstellungen von Verführung und Verderben ist ein beherrschendes Leitmotiv die Thematik von Macht, Ohnmacht und Ausgeliefertsein. Deren Abhängigkeit von einem massiven, vieldiskutierten Vater-Komplex Kubins mildert nicht die Wirkung seiner Visionen von atavistischen Götzen voll rätselhafter, oft todbringender Schrecken, sondern traf im Gegenteil auch mit seiner Kritik einen Nerv der Zeit.
In der monumentalen Machtfigur von "Die Arbeit", an der sich ein proportional kleiner Stier trotz seiner Kraft mit einer übergroßen Kugel auf seinem Nacken wie Sisyphos abarbeitet, sind auch stilistisch alle Elemente von Kubins ‚klassischem‘ Frühwerk enthalten: Die sorgfältige Durchführung der Zeichnung mit ihren eigentümlichen, eindringlichen Härten des Strichs und die Hell-Dunkelwirkung, die Kubin durch eine charakteristische Spritztechnik mit durch ein Sieb geriebener Tusche für einen diffus entgrenzten Raum erreichte, sowie die exakt gezogene Einfassungslinie, die seinen Zeichnungen die Bedeutung abgeschlossener Kompositionen gibt. Zudem ist in "Die Arbeit" die mächtige Symbolfigur in der linken Bildhälfte als steinerne Pyramide mit Pharao-Kopf, kultischem Hoheitszeichen und teilnahmslosem Blick in einer öden, gleichsam vorgeschichtlichen Landschaft ebenso typisch für Kubins Inszenierungen von Übermacht wie die Untersicht, die sich auch in vielen anderen, eher erotisch konnotierten Blättern wie "Adoration" oder "Der Götze" zeigt.
Es gibt verschiedene Hinweise darauf, dass neben der bekannten "Hans von Weber-Mappe" 1903 mit 15 Lichtdrucken nach Zeichnungen, die gigantischen und zerstörerischen Schicksalsmächten gewidmet sind, zwei weitere Mappen geplant waren, die jedoch aus Bedenken wegen Provokation unterblieben: Für eine Mappe "Das Weib" sind über ein halbes Dutzend ausgewählte Zeichnungen nachweisbar, eine dritte sollte offenbar dem Themenkreis Staatsmacht, Militär und Kirche gewidmet werden. Dass "Die Arbeit" mit ihrer antikapitalistischen Kritik dafür vorgesehen war, mag mit der kleinen Nummer "6" am oberen rechten Bildrand angedeutet sein, - andere berühmte Frühwerke wie "Das Kapital"(2), "Der Staat" (3) oder "Kanonenfutter" (5) tragen ebenfalls diese eigenhändigen Tuschfeder-Nummerierungen.
Dies könnte wiederum ein Grund dafür sein, dass von "Die Arbeit" zwei Fassungen existieren, wie es in Kubins Frühwerk für wichtige Blätter häufiger vorkommt, etwa für "Jede Nacht besucht uns ein Traum" oder "Des Menschen Schicksal". Die Erstveröffentlichung von "Die Arbeit" in der Zeitschrift "Amethyst" von 1906 als bibliophil auf Bütten gedruckte, ganzseitige Tafel zeigt eine leicht abweichende Fassung des Blattes, sie wurde wenig später mit sechs weiteren wichtigen Frühwerken im Aufsatz von Ernst Breuer, "Das Phantastische in der Kunst" in der Zeitschrift "Das Leben" erneut abgedruckt. Auch dies unterstreicht die Bedeutung, die Kubin und seine Zeitgenossen diesem Werk beimaßen.
(Annegret Hoberg)
Alfred Kubin
Die Arbeit
1901/03
ink pen, wash, spray technique on cadastre paper; framed
32.5 x 40.8 cm (sheet size)
signed on the lower left in the depiction: A. Kubin
inscribed by the hand of the artist on the lower right: 19. Die Arbeit A. Kubin
inscribed by the hand of the artist in India ink on the upper right: 6.
from the family of Franz Barwig d. Ä.;
private property, Austria
cf.: Der Amethyst, Blätter für seltsame Literatur und Kunst, herausgegeben von Franz Blei, year I, issue 3, Vienna, February 1906 (ill. other version of "Die Arbeit");
cf.: Das Leben. Illustrierte Wochenschrift. edited by Arthur Kirchhoff, Berlin, 1906, No. 44, ill. p. 936 (other version of "Die Arbeit");
cf.: Paul Raabe, Alfred Kubin, Leben - Werk - Wirkung, Hamburg 1957, no. 17 and 20
Die Arbeit
1901/03
Tuschfeder, laviert, gespritzt auf Katasterpapier; gerahmt
32,5 x 40,8 cm (Blattmaß)
Signiert links unten in der Darstellung: A. Kubin
Eigenhändig bezeichnet rechts unten: 19. Die Arbeit A. Kubin
Eigenhändig bezeichnet rechts oben in Tusche: 6.
aus der Familie von Franz Barwig d. Ä.;
österreichischer Privatbesitz
Vergleiche: Der Amethyst, Blätter für seltsame Literatur und Kunst, herausgegeben von Franz Blei, Jg. I, Heft 3, Wien, Februar 1906 (Abb. andere Fassung von "Die Arbeit");
Vergleiche: Das Leben. Illustrierte Wochenschrift. Hrsg. Arthur Kirchhoff, Berlin, 1906, No. 44, Abb. S. 936 (andere Fassung von "Die Arbeit");
Vergleiche: Paul Raabe, Alfred Kubin, Leben - Werk - Wirkung, Hamburg 1957, Nr. 17 und 20
Kubins großformatige Tuschfederzeichnung "Die Arbeit" gehört in die Gruppe seines berühmten ‚Frühwerks‘ von 1899 bis 1904, das zu Recht als die wichtigste Periode seines Oeuvres angesehen wird. In diesen Blättern werden phantastische, alptraumhafte Szenerien manifest, die wie Einblicke in die moderne Seele mit ihren Angstkomplexen und Trieben wirken und bei den Zeitgenossen mit ihren nie zuvor gesehenen Bildmotiven Aufsehen und Empörung auslösten. Neben den zahlreichen Werken mit erotischen, oft drastischen Zwangsvorstellungen von Verführung und Verderben ist ein beherrschendes Leitmotiv die Thematik von Macht, Ohnmacht und Ausgeliefertsein. Deren Abhängigkeit von einem massiven, vieldiskutierten Vater-Komplex Kubins mildert nicht die Wirkung seiner Visionen von atavistischen Götzen voll rätselhafter, oft todbringender Schrecken, sondern traf im Gegenteil auch mit seiner Kritik einen Nerv der Zeit.
In der monumentalen Machtfigur von "Die Arbeit", an der sich ein proportional kleiner Stier trotz seiner Kraft mit einer übergroßen Kugel auf seinem Nacken wie Sisyphos abarbeitet, sind auch stilistisch alle Elemente von Kubins ‚klassischem‘ Frühwerk enthalten: Die sorgfältige Durchführung der Zeichnung mit ihren eigentümlichen, eindringlichen Härten des Strichs und die Hell-Dunkelwirkung, die Kubin durch eine charakteristische Spritztechnik mit durch ein Sieb geriebener Tusche für einen diffus entgrenzten Raum erreichte, sowie die exakt gezogene Einfassungslinie, die seinen Zeichnungen die Bedeutung abgeschlossener Kompositionen gibt. Zudem ist in "Die Arbeit" die mächtige Symbolfigur in der linken Bildhälfte als steinerne Pyramide mit Pharao-Kopf, kultischem Hoheitszeichen und teilnahmslosem Blick in einer öden, gleichsam vorgeschichtlichen Landschaft ebenso typisch für Kubins Inszenierungen von Übermacht wie die Untersicht, die sich auch in vielen anderen, eher erotisch konnotierten Blättern wie "Adoration" oder "Der Götze" zeigt.
Es gibt verschiedene Hinweise darauf, dass neben der bekannten "Hans von Weber-Mappe" 1903 mit 15 Lichtdrucken nach Zeichnungen, die gigantischen und zerstörerischen Schicksalsmächten gewidmet sind, zwei weitere Mappen geplant waren, die jedoch aus Bedenken wegen Provokation unterblieben: Für eine Mappe "Das Weib" sind über ein halbes Dutzend ausgewählte Zeichnungen nachweisbar, eine dritte sollte offenbar dem Themenkreis Staatsmacht, Militär und Kirche gewidmet werden. Dass "Die Arbeit" mit ihrer antikapitalistischen Kritik dafür vorgesehen war, mag mit der kleinen Nummer "6" am oberen rechten Bildrand angedeutet sein, - andere berühmte Frühwerke wie "Das Kapital"(2), "Der Staat" (3) oder "Kanonenfutter" (5) tragen ebenfalls diese eigenhändigen Tuschfeder-Nummerierungen.
Dies könnte wiederum ein Grund dafür sein, dass von "Die Arbeit" zwei Fassungen existieren, wie es in Kubins Frühwerk für wichtige Blätter häufiger vorkommt, etwa für "Jede Nacht besucht uns ein Traum" oder "Des Menschen Schicksal". Die Erstveröffentlichung von "Die Arbeit" in der Zeitschrift "Amethyst" von 1906 als bibliophil auf Bütten gedruckte, ganzseitige Tafel zeigt eine leicht abweichende Fassung des Blattes, sie wurde wenig später mit sechs weiteren wichtigen Frühwerken im Aufsatz von Ernst Breuer, "Das Phantastische in der Kunst" in der Zeitschrift "Das Leben" erneut abgedruckt. Auch dies unterstreicht die Bedeutung, die Kubin und seine Zeitgenossen diesem Werk beimaßen.
(Annegret Hoberg)
Die Arbeit
1901/03
ink pen, wash, spray technique on cadastre paper; framed
32.5 x 40.8 cm (sheet size)
signed on the lower left in the depiction: A. Kubin
inscribed by the hand of the artist on the lower right: 19. Die Arbeit A. Kubin
inscribed by the hand of the artist in India ink on the upper right: 6.
from the family of Franz Barwig d. Ä.;
private property, Austria
cf.: Der Amethyst, Blätter für seltsame Literatur und Kunst, herausgegeben von Franz Blei, year I, issue 3, Vienna, February 1906 (ill. other version of "Die Arbeit");
cf.: Das Leben. Illustrierte Wochenschrift. edited by Arthur Kirchhoff, Berlin, 1906, No. 44, ill. p. 936 (other version of "Die Arbeit");
cf.: Paul Raabe, Alfred Kubin, Leben - Werk - Wirkung, Hamburg 1957, no. 17 and 20